Nun, da Sie Ihr Mapping Profil erstellt haben, sind Sie bereit, am Workshop teilzunehmen und freuen sich darauf, andere Personen zu treffen. Eine von ihnen ist Natalia, die gerne ihr Profil mit Ihnen teilen möchte.

 
Aufgabe: Vergleich von Profilen

Vergleichen Sie bitte Ihr Profil mit dem von Natalia und arbeiten Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten heraus, die Sie als wichtig erachten, wenn Sie mit ihr zusammenarbeiten würden. Halten Sie diese in Ihrem Learning Journal fest.

Dies ist das Profil von Natalia:

Wer bin ich?

Ich bin 30 Jahre alt und spreche verschiedene Sprachen. Für mich ist eine gute Kommunikation ganz wichtig. Ich verfüge bereits über zwei Abschlüsse und jetzt absolviere ich ein neues Trainingsprogramm, um meine Fachkenntnisse zu erweitern und Soft Skills zu entwickeln. Jetzt lebe ich allein in einem fremden Land, wohin ich letztes Jahr gezogen bin. Seit meiner Ankunft bin ich jeden Tag mit sprachlichen und interkulturellen Herausforderungen konfrontiert, sowohl auf privater als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Meine neu erworbenen interkulturellen Kompetenzen helfen mir sehr und vor allem, nicht zu vergessen, wer ich bin und woher ich komme.

Alle Menschen gehören verschiedenen Kollektiven an, und ich bin da keine Ausnahme. Zu den Kollektiven, denen ich mich zuordnen kann, gehören: meine Familie in Russland, Studierende, Studierende meiner Universität, Freunde, die in Russland leben, Freunde, die in Deutschland leben, Einwanderer aus Russland in Deutschland, Frauen, Frauen im Alter von 30 Jahren, Sprachwissenschaftler, Einwohner von Fulda.

Den tiefgreifendsten Einfluss während meiner Erziehung hatten meine Familie, meine Schule und meine Freunde.

Ich glaube, dass ich während meiner Erziehung stark von meiner Schulgemeinschaft beeinflusst wurde, denn ich besuchte eine Schule, in der seit der ersten Klasse Englisch unterrichtet wurde, und das hat später meine Berufswahl geprägt. Und noch immer spüre ich diesen starken Einfluss meiner Schulgemeinschaft auf meine Berufswahl und Arbeitsweise. Dort habe ich zum ersten Mal angefangen, vor Publikum zu sprechen, und so wurde meine Begeisterung dafür geweckt.

Was bringe ich mit?

Mein kultureller “Rucksack“ umfasst meine russische Herkunft, Englisch- und Deutschkenntnisse. Ich habe 17 Länder bereist und habe immer in interkulturellen Teams gearbeitet. Vor kurzem habe ich begonnen, virtuelle Teamarbeit in verschiedenen Projekten zu praktizieren. Dabei habe ich verstanden, dass die Arbeit in Projekten auf Distanz sehr viel schwieriger ist, weil sie ein höheres Maß an Engagement und ein strengeres Selbstmanagement erfordert. Ich glaube jedenfalls, dass ich ein sehr verantwortungsbewusstes Teammitglied bin, das sich immer an Regeln hält und ein hohes Maß an Verantwortung zeigt. Bei der Arbeit in einem Team bringe ich Fachwissen, Engagement, Verantwortungsbewusstsein, MS-Office-Kenntnisse und interkulturelle Kompetenz mit.

Was habe ich erlebt?

Das Gefühl der Zusammengehörigkeit motiviert mich, mit anderen zusammenzuarbeiten, wenn ich erkenne, dass es etwas gibt, das wichtig ist und uns verbindet. Missverständnisse irritieren mich bei der Zusammenarbeit mit anderen oder wenn Leute sich nicht trauen, etwas zu sagen. Wenn ich weiß, dass ich Ergebnisse erzielen muss und mir das Thema des Projekts gefällt, möchte ich vorankommen. Meine Triggerpunkte, die mich in meinen Bestrebungen anspornen, drehen sich um die Art des Projekts, denn ich kann nicht an etwas arbeiten, an dem ich kein Interesse habe. Ich fühle mich ausgeschlossen, wenn Menschen ihre Informationen und ihr Wissen nicht teilen. Ich bin eine recht unkomplizierte und freundliche Person und habe festgestellt, dass ich mich in der Nähe von Menschen, die aufgeschlossen sind, wohl fühle.

Was ist für mich bei der Arbeit wichtig?

Eines der wichtigsten Aspekte ist es, tolerant zu sein und die Unterschiede und Einzigartigkeit der anderen zu verstehen. Es ist mir wichtig, dem anderen zuzuhören und wirklich zu versuchen, die Menschen zu verstehen, mit denen ich zusammen bin.

Was die Dimensionen betrifft, würde ich mich wie folgt einordnen:

Starker Wunsch nach Unabhängigkeit / Starker Wunsch nach Interdependenz – Auch wenn es manchmal zeitaufwendig ist, denke ich, dass man gemeinsam mehr erreichen kann, als wenn man nur allein arbeitet.

Aufgabenorientierung / Beziehungsorientierung – Ich bin aufgabenorientiert und möchte meine Arbeit erledigen, aber ich glaube auch, dass es sehr wichtig ist, die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, zu kennen und mit ihnen Socializing zu betreiben, und ich möchte ein Gleichgewicht zwischen Aufgabe und Beziehungen herstellen.

Egalitär orientiert / Status orientiert – Ich respektiere Menschen, die einen höheren Status haben, aber wenn wir zusammenarbeiten, sollte Hierarchie kein Thema sein.

Direkt / Indirekt – Ich bin gerne direkt, möchte aber auch niemanden verletzen und halte Höflichkeit für sehr wichtig; vielleicht jongliere ich also manchmal zwischen diesen beiden Polen, wenn ich mit anderen arbeite.

Risiko / Gewissheit – Risiken sind immer unvermeidlich, aber eine stärkere Gewissheitsorientierung kann mehr Stabilität bringen, deshalb mache ich gerne Pläne und habe einen Zeitplan.

Monochron / Polychron – Ich bin sicherlich eine monochrone Person, denn Fristen und Pläne helfen mir, Ziele zu erreichen und führen zu besseren Ergebnissen.

Die Gemeinsamkeiten, die Sie und Natalia feststellen, können Ihnen helfen, eine gemeinsame Basis zu finden. Es könnte sein, dass Sie beide in einer Arbeitssituation das Gefühl haben, dass klare und direkte Worte helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Gleichzeitig könnten Sie sich verpflichtet fühlen, in Ihrer Kommunikation höflich und respektvoll zu sein.

Es gibt wahrscheinlich auch Bereiche, in denen für die Zusammenarbeit Unterschiede überbrückt werden müssen. Schauen wir uns hierzu ein Beispiel an.

Stellen Sie sich vor, dass Sie in Arbeitszusammenhängen eine sehr polychrone Person sind, die der Meinung ist, dass die Herstellung einer positiven Arbeitsatmosphäre durch gegenseitiges Kennenlernen von zentraler Bedeutung ist und dass die Ausarbeitung detaillierter Pläne und Zeitpläne nicht nur zeitaufwendig ist, sondern auch die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im Laufe des Arbeitsprozesses behindern. Wenn Sie davon ausgehen, dass Natalia eher monochron orientiert ist, denken Sie in einem ersten Schritt darüber nach, ob sie ein gemeinsames Verständnis der Dimensionen und Konzepte und den damit verbundenen Verhaltensweisen haben. Beispielsweise schreibt Natalia, dass sie sehr direkt sei. Was bedeutet in diesem Fall, direkt zu sein und gleichzeitig niemanden verletzten zu wollen? Wo sehen Sie Klärungsbedarf? Wie würden Sie die Konzepte verstehen und welche Interpretationsmöglichkeiten könnte es geben?

Auf dieser Grundlage kann der nächste Schritt erfolgen, darüber nachzudenken, wie diese Unterschiede überbrückt werden könnten. Dabei ermöglicht es uns das PCC-Modell (Person (s), Context, Culture - Person(en), Kontext, Kultur) die Situation ins rechte Licht zu rücken:

Person(en): Natalia gibt an, eine sehr offene und direkte Person zu sein, das ist etwas, das Sie möglicherweise teilen. Darunter könnten sie verstehen, dass sie es wertschätzt, wenn Unklarheiten sofort angesprochen und auch kritische Punkte klar, aber höflich formuliert werden. Höflich wäre aus ihrer Sicht, wenn andere Sie beispielsweise auf einen möglichen Fehler aufmerksam machen, dies aber wohlwollend tun und vielleicht mit Verbesserungsvorschlägen begleiten, ohne rechthaberisch daherzukommen.

Natalia gibt an, viel Erfahrung in der Arbeit mit Personen verschiedener kulturellen Prägung zu haben, was Sie möglicherweise nicht habe.

Kontext: Wir beziehen uns auf einen Arbeitskontext, d. h. es gibt eine Frist für die Erledigung der Aufgaben im Projekt, und neben dem Projekt haben Sie auch noch andere Aufgaben zu erledigen.

Kultur: Wir unterscheiden uns in unserer Zeit-Orientierung. Während Natalia eher monochron orientiert ist, sehen Sie sich eher im polychronen Spektrum.

 
Aufgabe: Wie man die Unterschiede überbrücken kann

Nun haben Sie vielleicht eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten gefunden und vielleicht auch Unterschiede. Bevor Sie überlegen, wie diese Unterschiede überbrückt werden können oder aber sogar für ihre Arbeit nützlich sein können, gilt es, die Gemeinsamkeiten näher zu beleuchten. Erreicht werden soll damit, dass sie nicht nur ähnliche oder auch gleiche Begriffe verwenden, sondern auch deren Bedeutung teilen. So bezeichnen sich Natalia und Sie vielleicht als eine sehr offene Person. Nun wäre zu überlegen und zu hinterfragen, was sie beide darunter verstehen und wie diese Offenheit in der Zusammenarbeit gelebt wird. Sie können dies einüben, indem sie drei Begriffe nehmen und überlegen, wie sie diese mit Leben füllen und wie andere dies vielleicht tun. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und der Liste mit den Unterschieden, überlegen Sie wie diese überbrückt werden können und wie die Zusammenarbeit aus Ihrer Sicht in Zukunft aussehen könnte.

Abbildung: Brücken bauen

Quelle: Barmeyer, Ch., & Haupt, U., 2007, übersetzt

Brücke bauen

So könnte eine mögliche Lösung aus der Sicht von Lin aussehen:

Für Lin ist es wie für Natalie wichtig, eine positive Arbeitsatmosphäre herzustellen. Für Lin bedeutet dies zum Beispiel, dass man sich bei Arbeitsbeginn grüßt und kurz darüber austauscht, wie es einem geht. Auch regelmäßige Rückmeldungen zu den Arbeitsergebnissen gehören für sie dazu. Lin denkt, dass für andere Personen vielleicht auch dazu gehört, dass man mittags zusammen isst oder sogar nach der Arbeit etwas unternimmt. Bei diesen Gedanken merkt Lin, dass sie das nicht leisten könnte. Als alleinerziehende Mutter nutzt sie die Mittagspause, um etwas einzukaufen und nach der Arbeit muss sie sofort nach Hause da die Kita klar geregelte Öffnungszeiten hat. Lin überlegt, wie es möglich wäre, in so einer Situation eine Brücke zu schlagen. Es erscheint ihr wichtig, darüber zu sprechen. Eine Möglichkeit wäre ja vielleicht, dass man bei Abschluss einer Projektphase etwas gemeinsam unternimmt und sie für solche Situationen ihre Mutter bittet, ihr Kind aus der Kita abzuholen.

Nun geht ihr durch den Kopf, dass Natalie von sich sagt, dass sie eine monochrone Person ist und ihr Fristen und Pläne helfen, Ziele zu erreichen. Ob das für Natalie dann auch heißt, gegebenenfalls länger zu arbeiten, um Fristen einzuhalten oder vielleicht sogar am Wochenende zu arbeiten? Lin überlegt, welche Vor- und welche Nachteile damit verbunden sind, um eine Grundlage zu haben, darüber nachdenken zu können, wie sie beide damit gut umgehen könnten.

 
Aufgabe: Kulturelle Unterschiede überbrücken

Vergleichen Sie Ihr kulturelles Profil und das von Natalia und wählen Sie zwei Bereiche aus, in denen Sie Unterschiede feststellen. Notieren Sie, wie sich diese Unterschiede im Verhalten ausdrücken könnten. Führen Sie dann anhand des PCC-Modells eine Situationsanalyse durch und machen Sie darauf aufbauend Vorschläge, wie die Unterschiede möglicherweise überbrückt werden könnten. Notieren Sie die Ergebnisse Ihrer Analyse und Ihre Vorschläge in Ihrem Learning Journal.


Zuletzt geändert: Samstag, 4. Mai 2024, 23:33