Wie Verdooren (2014, S. 19) richtig feststellt, wollen wir mehr tun, als über Kulturen zu sprechen und unsere Sensibilität für Faktoren zu schärfen, die Interaktionen beeinflussen. Wir wollen sinnvolle Ideen und Optionen entwickeln, wie wir in einer multikulturellen Welt interagieren können. Das bedeutet, dass wir Kenntnisse und Fähigkeiten benötigen, die uns in die Lage versetzen, auf Situationen angemessen reagieren zu können, die vielleicht als verwirrend, fremd oder gar unverständlich oder unvereinbar empfunden werden.

Interkulturalität als kommunikative Interaktion zu verstehen, der es an Vertrautheit, Routine und Plausibilität fehlt, bedeutet, dass wir Kompetenzen benötigen, die uns in die Lage versetzen, ein Gefühl der Normalität oder Vertrautheit zu schaffen. Mit anderen Worten: Interkulturalität erfordert Kompetenzen, die es den Beteiligten ermöglichen, Gemeinsamkeiten zu entdecken und einen gemeinsamen Raum und eine Verbindung zu schaffen, von der aus Unterschieden erkundet und bearbeitet werden können.

Bei der Einführung des Konzepts interkultureller Kompetenz in der Lerneinheit 08 wurde dargelegt, dass interkulturelle Kompetenz im Allgemeinen in drei Bereiche unterteilt wird, nämlich in Wissen, Fähigkeit und Haltungen oder Einstellungen. Während der Bereich Wissen zum Beispiel soziale Prozesse oder auch allgemeines länder- und kulturspezifisches Wissen umfasst, bezieht sich der Bereich Fähigkeiten darauf, dieses Wissen aktiv in Taten umsetzen zu können. Die Fähigkeiten, die dafür notwendig sind, umfassen beispielsweise das Beobachten, das Wechseln von Perspektiven, das Reflektieren und die Verarbeitung von erworbenem Wissen. Es wurde auch argumentiert, dass die Haltungen und die Einstellungen gegenüber kultureller Verschiedenheit, die sich beispielsweise in Empathie und Offenheit ausdrückt, eine Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit sind.

Was diese Ausführungen zeigen und was Sie wahrscheinlich bei der Bearbeitung der Aufgaben bemerkt haben, ist, dass zwischen den drei Bereichen interkultureller Kompetenz eine Beziehung und gegenseitige Abhängigkeit besteht. Dies liegt daran, dass interkulturell kompetentes Handeln auf dem Zusammenspiel der drei Bereiche basiert. Nehmen wir zum Beispiel die Sprache: Den Wortschatz und die Satzstruktur einer Sprache zu kennen, würde man deutlich dem Bereich Wissen zuordnen. Aber Wissen reicht sicher nicht aus, um angemessen und passend zu kommunizieren. Dazu bedarf es der Fähigkeit, auf den Kontext zu achten, zu wissen, wann man was auf welche Weise sagt und Aspekte wie Höflichkeit, Kommunikationsstrategien und -stile zu berücksichtigen. Und es erfordert die Bereitschaft und Motivation, zu erkunden, wann und wie man was kommuniziert und im Miteinander dann auch entsprechend umzusetzen.

Es ist also notwendig, ein Bewusstsein zu entwickeln und die eigene offene Haltung zu nutzen, um Wissen zu generieren. Und dieses Wissen geht über Fakten hinaus, da es eine Reflexion des eigenen Verhaltens einschließt mit dem Ziel, ein Repertoire an Fähigkeiten aufzubauen, die für ein reflexives, in einem bestimmten Kontext anwendbares Handeln erforderlich sind. Handlungskompetenz bedeutet folglich, den Prozess der Interaktion zu berücksichtigen. Der Begriff Kompetenz ist eine Entlehnung aus dem lat. "competentia" und bedeutet "zusammenkommen", "zusammenfallen" oder "zusammenbringen" (https://www.etymonline.com/word/competence 31.12.2020). Handlungskompetenz oder interkulturelle Kompetenz bezieht sich somit auf das Zusammenbringen der drei Bereiche Wissen, Fähigkeit und Einstellung oder Haltungen.

Im Laufe der Arbeit an den verschiedenen Lerneinheiten wurden die Fallstudien immer komplexer und Sie haben begonnen, eine Vielzahl von Bereichen zu analysieren und schließlich Themen zu bearbeiten, die Ihnen helfen, sinnvolle Interventionen zu entwickeln. Das Durchlaufen dieser verschiedenen Aktivitäten spiegelt den Prozesscharakter der Entwicklung interkultureller Kompetenz wider. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass wir mit zunehmender Komplexität auch erkennen, wie groß unsere Wissenslücken sind und dass das Nichtwissen und der Umgang mit diesem Nichtwissen ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil von interkultureller Kompetenz ist.

Es gibt unzählige Definitionen von interkultureller Kompetenz, die die Einteilung in Wissen, Fähigkeit und Einstellung oder Haltungen hervorheben und Deardorff (2020, S.5) fasst sie wie folgt zusammen:

"...intercultural competencies in essence are about improving human interactions across difference, whether within a society (differences due to age, gender, religion, socio-economic status, political affiliation, ethnicity, and so on) or across borders."

In der Definition, die in diesem Modul verwendet wird, wollen wir einen Schritt weiter gehen und uns auf die Handlungsorientierung von interkultureller Kompetenz konzentrieren, die in besonderem Masse die Ko-Kreation von sozialen Räumen unterstützen, die von allen beteiligten Akteuren als angemessen, einbeziehend und zufriedenstellend empfunden werden.

Die in unserem Kontext behandelten Kernkompetenzen sind Offenheit, Kommunikation und kulturreflexives Wissen. Diese sind ausgewählt worden, weil sie besonders relevant sind und eine Orientierung bieten.


Modifié le: mardi 9 juillet 2024, 11:36