Anwendungsaufgabe 2

von Corinne Moreau -

 

Bündnis 90/Die Grünen (Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025)

‚Damit Einwanderung für alle Beteiligten unserer Gesellschaft einen Gewinn darstellt und damit das Zusammenleben in Vielfalt gelingt, müssen wir neue Mitglieder unserer Gesellschaft gut integrieren und Teilhabe ermöglichen.‘

‚Wir alle sind unterschiedlich, aber an Rechten und Würde gleich. In unseren Dörfern und Städten begegnen sich Menschen mit diversen Perspektiven, Erfahrungen und Herkünften. Zusammenhalt in Vielfalt setzt voraus, respektiert und gehört zu werden, gleichberechtigt mitgestalten und teilhaben zu können.‘

 

Aus diesen, aus dem Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2025 stammenden Aussagen, ist erkennbar, dass die Partei einen erweiterten, offen Kulturbegriff vertritt. Ziel ist ein Miteinander der Akteure durch kohäsives Zusammenleben in einer interkulturellen Gesellschaft. Basis dafür sind gegenseitige Anerkennung und Miteinander diverser Kulturen und Lebensentwürfe. Die Integrationsleistung erfolgt nicht nur von einer Seite, sondern beide Seiten, Gesellschaft und Menschen, sollen sich gleichermaßen um Teilhabe bemühen bzw. diese möglich machen. Stichwort: Kollaboration.

 

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Freie Wähler (Homepage der Landtagsfraktion der Freien Wähler in Bayern)

‚Für unsere heimische Wirtschaft sehen wir in der Zuwanderung eine große Chance, um den Bedarf nach Arbeitskräften zu decken. Insbesondere in Mangelberufen wollen wir FREIE WÄHLER erreichen, dass Menschen mit guten Integrationsleistungen die Möglichkeit zur Aufnahme einer Beschäftigung bzw. Ausbildung und damit eine Bleibeperspektive erhalten.‘

Die ‚gute‘ (einseitige) Integrationsleistung im Sinne der ‚Freien Wähler‘ ist als Anpassung an das (angeblich) vorherrschende, monokulturelle Akteursfeld im Lande zu verstehen. Ein Bleiberecht erarbeiten sich nur Personen, die bereit sind, ihre eigene Kultur mit ihren Interaktionsregeln und Beziehungsstrukturen abzulegen – wer dazu nicht bereit ist wird ausgeschlossen bzw. als fremd (als Bedrohung?) wahrgenommen, verwirkt sein Bleiberecht. Diese Herangehensweise indiziert eine enge, absolute Strukturperspektive, die von einer einzigen, vorherrschenden Kultur im Lande ausgeht (Monokulturalität).

 

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CSU (Grundsatzprogramm 2023)

Es gibt auch Bürgerpflichten, erlernte und geübte Regeln des Umgangs untereinander und soziale Tugenden. Gemeinsam bilden sie die kulturelle Grundordnung unseres Landes, deren Achtung alle Bürgerinnen und Bürger einander um des sozialen Friedens willen schulden. Wir legen Wert auf diese Werteprägung.‘

 und

‚Dauerhaften Zusammenhalt und ein gutes Miteinander gibt es nur, wenn Integration gelingt. Bayern ist ein weltoffenes Land, in dem Integration besser gelingt als anderswo. Wir sind der festen Überzeugung: Klare Regeln und klare Verhaltenserwartungen sind kein Hindernis von Integration, sondern Voraussetzung für ihren Erfolg.

Der Integrationsbegriff im Grundsatzprogramm der CSU (Bayern) basiert auf einem engen, bzw. geschlossenen Kulturverständnis. Ziel ist, ein homogenes Akteursfeld zu erhalten (Monokulturalität). Von Migranten wird gefordert, sich dem lokalen Akteursfeldhandeln anzupassen – Gruppen die ihre Interaktionsregeln nicht anpassen sind nicht erwünscht (Exklusion). Weder ein Nebeneinander in Parallelwelten noch ein kohäsives Miteinander der Kulturen mit Inklusion wird angestrebt.


Mono-/Multi-/Interkulturalität in Wahlprogrammen

von Marie-Joseph Gomis -

CDU (Regierungsprogramm 2025, "Flugblatt Migration 2025")

„Wir werden Rückführungen konsequenter durchsetzen […] Straftäter und diejenigen, die gewaltsame Konflikte nach Deutschland tragen, müssen unser Land verlassen.“

„Der deutsche Pass steht am Ende einer erfolgreichen Integration – nicht am Anfang.“

Mit diesen Zitaten operiert die CDU aus einer engen, geschlossenen Strukturperspektive, in der Migration primär als potenzielle Gefährdungslage interpretiert wird. Unsicherheit wird in diesem Verständnis nicht als Anlass für Austausch oder Aushandlung gedeutet, sondern als Bedrohung, die durch ordnungspolitische Maßnahmen kontrolliert werden muss.

Integration erscheint in dieser Logik weniger als prozesshaftes, wechselseitiges Gestalten des Zusammenlebens, sondern primär als einseitige Anpassungsleistung an bestehende kulturelle und normative Strukturen. Die Zugehörigkeit von Migrant:innen wird daran geknüpft, ob sie sich widerspruchslos in diese vorgegebenen Rahmen einfügen; Abweichung oder Regelbruch legitimiert Ausschluss. Damit wird Einwanderung nutzenorientiert bewertet: erwünschte Beiträge sollen erhalten, unerwünschte Entwicklungen hingegen „zurückgeführt“ werden.

Diese Nutzenasymmetrie verweist auf eine migrationspolitische Haltung, die sich klar im Feld der Monokulturalität verorten lässt: Sie setzt auf Homogenisierung und Sicherung der eigenen Kultur durch Abgrenzung und Exklusion. Migration wird als ein Prozess verstanden, der strukturell gesteuert und begrenzt, aber nicht als Chance für gesellschaftliche Weiterentwicklung oder Transformation aufgefasst wird. Die CDU bleibt damit fest in einer strukturell orientierten, defensiven Perspektive, in der die Bewahrung bestehender kultureller Ordnung Vorrang vor offenen, prozessorientierten Integrationsmodellen hat.

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Zitat der FDP (Wahlprogramm FDP 2025)

„Wir wollen geordnete Migration nach klaren Regeln, die auch durchgesetzt werden. Wir wollen Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die sozialen Sicherungssysteme. Und wir wollen unserer humanitären Verantwortung gerecht werden, sie aber auch an unseren realen Möglichkeiten ausrichten. Nur durch nachhaltige Integration lässt sich zudem die gesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung erhalten.“

Die FDP arbeitet in diesem Zitat mit einem geschlossenen, zweiwertigen Kulturverständnis, in dem kulturelle Differenz zwar anerkannt, jedoch klar gerahmt und über feste Regeln reguliert wird. Die Betonung auf „geordnete Migration“, klare Regeln und Arbeitsmarktintegration folgt einer multikulturellen Logik, in der unterschiedliche Gruppen nebeneinander bestehen können, jedoch vor allem über Funktionalität, Ordnung und Steuerung eingebunden werden.

Erleichterungen werden jenen zugesprochen, die sich in den bestehenden normativen Rahmen einfügen („nach unseren Werten lebt“). Dies verweist auf ein abgrenzendes Interaktionsverständnis, das gesellschaftliche Unsicherheit eher durch Regulierung und Kontrolle bearbeitet als durch dialogorientierte oder synergetische Prozesse.

Insgesamt zeigt das Zitat eine deutlich strukturorientierte, funktional-multikulturelle Perspektive, die Vielfalt verwaltet und reguliert, jedoch nicht in wechselseitige Transformationsprozesse oder inklusive Gestaltung des Zusammenlebens überführt.

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Zitat der SPD (Wahlprogramm SPD 2025)

„Wir wollen ein Partizipationsgesetz auf den Weg bringen: Durch verbindliche Regelungen soll gleichberechtigte Teilhabe in allen relevanten Bereichen – von Bildung und Arbeit bis hin zu politischer Mitbestimmung – erreicht werden. Ziel ist es, Teilhabehürden abzubauen, Chancengleichheit zu schaffen und so Integration sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.“

Dieses Zitat der SPD richtet sich an einem erweiterten, mehrwertigen Kulturverständnis, das Integration nicht als einseitige Anpassungsleistung, sondern als strukturell abgesicherten Teilhabeprozess begreift. Der Fokus auf „gleichberechtigte Teilhabe“ in Bildung, Arbeit und politischer Mitbestimmung signalisiert eine prozesshafte Öffnung gesellschaftlicher Räume, in denen Zugehörigkeit nicht durch kulturelle Angleichung entsteht, sondern durch den Abbau von Barrieren und die Herstellung realer Chancengleichheit.

Die Formulierung eines verbindlichen Partizipationsgesetzes verweist auf ein Verständnis von Integration, das über funktionale Eingliederung hinausgeht und gezielt Machtasymmetrien adressiert. Teilhabe wird nicht als private Initiative Einzelner gesehen, sondern als gesellschaftliche Aufgabe, die aktive Anpassungen im bestehenden System erfordert. Dadurch wird ein Interaktionsmodus erkennbar, der auf Inklusion, Kooperation und gemeinsames Gestalten zielt statt auf ein bloßes Nebeneinander.

Insgesamt repräsentiert das Zitat eine interkulturelle Perspektive, die gesellschaftliche Vielfalt als Ressource betrachtet und Integration als wechselseitigen Transformationsprozess versteht. Nicht kulturelle Anpassung, sondern strukturelle Öffnung, gerechte Teilhaberechte und gemeinschaftlicher Zusammenhalt stehen im Zentrum – ein Ansatz, der deutlich über die Logik funktional-multikultureller Verwaltung hinausgeht.



Kulturelle Perspektiven in der Politik (CDU/CSU; FDP; Die Linke)

von Anja Eckardt -

CDU/CSU

„Wir kontrollieren die deutschen Staatsgrenzen und setzen konsequente Zurückweisungen an der Grenze durch. Wir müssen wieder selbst entscheiden, wer zu uns kommt und wer bleiben darf.“ (https://www.cdu.de/wahlprogramm-von-cdu-und-csu/)

Diese Aussage folgt meiner Ansicht nach eher monokulturellen Ansätzen. Der Fokus liegt auf der Kontrolle der Staatsgrenzen und somit auf der nationalen Souveränität. Die Entscheidungshoheit wer „zu uns“ kommen und „bleiben darf“ zeigt eine deutliche Abgrenzung zu anderen Kulturen. Dies wird durch die Erwähnung von „konsequenten Zurückweisungen“ betont. Im Mittelpunkt steht laut dieser Aussage die eigene Nation. Es lässt sich eine klare Strukturperspektive erkennen, da auf klare Regeln gesetzt wird, im Sinne von Grenzkontrollen und Zurückweisungen.

FDP 

„Wir wollen geordnete Migration nach klaren Regeln, die auch durchgesetzt werden. Wir wollen Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die sozialen Sicherungssysteme. Und wir wollen unserer humanitären Verantwortung gerecht werden, sie aber auch an unseren realen Möglichkeiten ausrichten. Nur durch nachhaltige Integration lässt sich zudem die gesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung erhalten.“ (https://www.fdp.de/das-wahlprogramm-der-freien-demokraten-zur-bundestagswahl-2025)

Diese Aussage lässt sich einer multikulturellen Perspektive zuordnen. Es darf eine Migration stattfinden, aber „geordnet“ und „nach klaren Regeln“, es soll also Kontrolle über eine geregelte Zuwanderung beibehalten werden. Die „humanitäre Verantwortung“ soll umgesetzt werden, auch hier mit der Begrenzung durch Ausrichtung an „realen Möglichkeiten“ – somit wird Vielfalt anerkannt, aber nicht inklusiv betrachtet. Die „nachhaltige Integration“ unter „gesellschaftlicher Akzeptanz“ deutet ebenfalls darauf hin, dass keine gleichberechtigte, inklusive Teilhabe angestrebt wird.  

 

Die Linke

„Die Linke steht für eine solidarische Einwanderungsgesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von Pass, Herkunft, Hautfarbe, kultureller oder religiöser Zugehörigkeit die gleichen Rechte und Chancen haben. Wir kämpfen gegen Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischen Rassismus, Anti-Schwarzen Rassismus sowie jede andere Form von Rassismus und für ein Ende von struktureller wie auch institutioneller Diskriminierung. Ausschlüsse durchziehen alle Lebensbereiche, insbesondere unser Bildungssystem, den Arbeits- und Wohnmarkt sowie die öffentliche Verwaltung. Jeder Mensch muss vollen Zugang zu sozialen, politischen und kulturellen Rechten erhalten. Unsere Vision ist eine gerechte und offene Gesellschaft, in der gleiche Teilhabe selbstverständlich ist.“ (https://www.die-linke.de/bundestagswahl-2025/wahlprogramm/)

Diese Aussage verdeutlicht die interkulturelle Perspektive der Linken. Es wird betont, dass Menschen jeglichen Hintergrunds miteinander unter gleichen Voraussetzungen und ohne Abgrenzung oder Diskriminierung gleichberechtigt zusammenleben sollen. Hervorgehoben wird dabei auch, dass sich dieses Miteinander nicht nur auf den Arbeitsmarkt bezieht, sondern auf alle Lebensbereiche. Ein Miteinander der Akteure anstatt eines Nebeneinanders wird gefordert. Ziel ist also ein kohäsives, kollaboratives Zusammenleben mit gleicher Teilhabe.


Analyse der Parteiprogramme der AfD, CDU und Grünen hinsichtlich monokultureller, multikultureller und interkultureller Perspektiven anhand von ausgewählten Beispielen

von Valentina Ly -

Für die Bearbeitung dieser Aufgabe habe ich mir die aktuellen Parteiprogramme der AfD, der CDU und der Grünen hinsichtlich der Integrations- und Einwanderungspolitik aus der monokulturellen, multikulturellen und interkulturellen Perspektive angeschaut. Im nachfolgenden werden nacheinander die entsprechenden Aussagen der jeweiligen Partei zitiert und analysiert.

AfD

Zitat: „Jährlich verlassen etwa 210.000 deutsche Staatsbürger im Alter von 20 bis 40 Jahren das Land, davon drei Viertel mit Hochschulabschluss – eine Tendenz, die weiter ansteigt. Dieser negative Wanderungssaldo, bei dem hochqualifizierte Kräfte auswandern und niedrigqualifizierte Menschen einwandern, stellt eine massive Bedrohung für die wirtschaftliche und soziale Stabilität unseres Landes dar.“

Analyse: Der vorliegenden Auszug ist stark strukturzentriert und es ist eine klare monokulturelle Perspektive zu erkennen. Sie zeigt sich zunächst in der  Homogenisierung und Separation der beiden Akteursfelder: hochqualifizierte deutsche Staatsbürger/Arbeitskräfte auf der einen und niedrigqualifizierte zugewanderte Menschen auf der anderen Seite. 

Der Zustrom vermeintlich niedrigqualifizierter ausländischer Menschen/Fremder wird als erhebliche Bedrohung für die wirtschaftliche und soziale Stabilität Deutschlands wahrgenommen, was charakteristisch für die ausgeprägte Strukturperspektive ist. Demnach ist ein durchgehendes „Gegeneinander“ zu erkennen, weswegen auch keine Parallelstrukturen zugelassen werden.

Quelle: https://www.afd.de/wp-content/uploads/2025/02/AfD_Bundestagswahlprogramm2025_web.pdf

CDU

Zitat: „[…] Illegale Migration wollen wir stoppen. Humanitäre Migration werden wir auf ein Maß beschränken, das unsere Gesellschaft schultern kann. Wir stehen für eine echte Migrationswende, die die Menschenrechte achtet.“

Analyse: Der vorliegende Auszug ist geprägt von einer multikulturellen Perspektive. Sie befindet sich zwischen der Struktur- und Prozessperspektive, wobei eine Kohärenzorientierung zu erkennen ist. Charakteristisch dafür ist eine Quotenregelung, d.h. die Einwanderung bzw. „die humanitäre Migration“ soll kontrolliert stattfinden. Es wird von Anfang an unter der Achtung der Menschenrechte bestrebt, ein friedliches und strukturiertes nebeneinander beider Alteursfelder herbeizuführen, die weitestgehend voneinander separiert sind.

Quelle: https://www.cdu.de/themen/migration/

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zitat: „Damit Einwanderung für alle Beteiligten unserer Gesellschaft einen Gewinn darstellt und damit das Zusammenleben in Vielfalt gelingt, müssen wir neue Mitglieder unserer Gesellschaft gut integrieren und Teilhabe ermöglichen. […] Hierzu zählen ausreichend Sprachkurse, mehrsprachige und niedrigschwellige Beratungsangebote sowie Qualifikations- und Integrationskurse.“

Analyse: Dieser Auszug weist eine klar erkennbare interkulturelle Perspektive auf. Im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Beispielen ist mehr Prozessperspektive wahrzunehmen. Das übergeordnete Ziel stellt das Zusammenleben in Vielfalt und Teilhabe dar, welches als Gewinn betrachtet wird. Um diese Ziel zu erreichen werden die neuen Mitglieder mithilfe verschiedener Integrations- und Unterstützungsangebote, wie Sprachkurse, mehrsprachige und niedrigschwellige Beratungsangebote sowie Qualifikations- und Integrationskurse, wortwörtlich in die Gesellschaft integriert. Dadurch, wäre der Grundstein für die anschließende Inklusion gelegt. Nach abgeschlossener Integration ist es den neuen Mitgliedern möglich, sich in die Gesellschaft einzubringen, weil ihnen u.a. die entsprechenden sprachlichen Kenntnisse zur Kommunikation vorliegen. Parallelstrukturen sollen somit von Beginn an vermieden und ein Miteinander gefördert werden.

Quelle: https://www.gruene.de/themen/einwanderung-gestalten